So wohl in div. Fanzine Reviews, aber auch in Eurem eigenen Presseinfo, tauchen immer wieder die Vergleiche Muff Potter, ... But Alive und z.B. auch  Kettcar auf. Das werdet ihr wohl unterschreiben können, wenn das so in eurer  Presseinfo steht. Aber wie findet ihr solche Vergleiche im Allgemeinen? Hilfreich, um ein wenig mehr sich vorstellen zu können, was eine Band wie Musik macht, wenn man sie noch nicht kennt, aber sonst eben eher unwichtig.  So was wie ein Mittel zum Promo-Zweck. Oder seht ihr das genau so, nervt es nicht und ihr empfindet das als Kompliment ? Oftmals leider merkt man auch daran oft, vor allem natürlich wenn Vergleiche nicht stimmen, das die Reviewer wohl untereinander einfach alle abschreiben und sich mit der Band nicht beschäftigen. So was ist doch schade.

Bert: OK Vergleiche müssen sein damit Leute sich zumindest grob vorstellen können was so ne unbekannte Band wie wir für Musik machen.  Allerdings nervt es mittlerweile wenn man nur als Kopie oben genannter Bands bezeichnet wird, wie z.B. in einem größeren Print-Magazin letztens geschehen. Da wurden wir als „vermuffpottert und verkettcart“ dargestellt. So was ärgert einen dann wirklich. Wie jede andere Band auch erfinden wir das Rad nicht neu, aber wir unterscheiden uns  an jedem einzelnen Instrument schon sehr von Bands wie vor allem But Alive/Kettcar und auch Muff Potter.

General:  Also natürlich fühlt man sich schon geehrt, wenn man mit solchen Wegbereitern verglichen wird. Oft hab' ich aber das Gefühl, dass das nur von den Deutschen Texten her rührt. Die musikalischen Parallelen sehe' ich jetzt nicht so.  Klar machen wir alle Gitarrenmusik, aber das ja schon auf verschiedene Art und Weise. Ich kann mir vorstellen, dass so mancher Kettcar Fan der sich auf die Beschreibung hin eine Show von uns angeguckt hat etwas enttäuscht war.  Das die Reviewer untereinander abschreiben, glaub ich noch nicht mal. Man ist halt schnell versucht deutschsprachige Bands untereinander zu vergleichen. Wenn's dann noch mehr oder weniger Punkrock ohne typische Deutschpunker-Attitüde ist, wird das Feld schon relativ eng. Mich würde mal interessieren was Kettcar und Muff Potter von dem Vergleich halten.

Bei euch wurde DIY ja erfreulicherweise immer groß geschrieben. Platten in Eigenregie, sich den Arsch abtouren, das ganze DIY-Ding, hat leider für viele überhaupt keinen Wert mehr. Oder, wenn man dann so einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen konnte, wollen viele von ihren alten Prinzipien nichts mehr wissen. Vor allem wegen eurem Deal mit Go  Kart Rec. Europe, meine Frage, macht Ihr jetzt immer noch vieles selber Und  legt Wert auf gewisse Dinge, die, sagen wir mal, ihr immer schon machtet Und  das wird sich auch nicht ändern. Oder tretet ihr jetzt, ich nenne es mal, mehr und mehr "Bereiche" an professionellere Leute ab, bzw. kommerzielle. Das fängt ja schon bei Dingen wie Tourbooking an. Kasel, der das ja ehrenamtlich macht, oder eben eine professionellere Booking-Agentur usw.? Go Kart Rec. ist zwar ein Indie, was ja aber nicht unbedingt gleich DIY ist. Auf wie viel würdet ihr Euch eigentlich einlassen, bei Zugeständnissen, Kompromissen ? Zum Beispiel was eine Europa-Tour, also irgendwas in größerem  Ausmaß, betrifft?

General:  Wir machen noch so vieles selber und Go Kart lässt uns auch alle Freiheiten. Das fängt mit der Platte an, sowohl Songauswahl als auch Artwork lag komplett in unseren Händen und geht beim Merch weiter, um das wir uns komplett selber kümmern. Wir suchen uns unsere Shows selber aus und der Kasel macht seine Sache so gut, dass wir gar nichts "professionelleres" brauchen. Außerdem gibt es überall nette Leute, die uns hin und wieder mal freundschaftlich unter die Arme greifen, was auch noch die ein oder andere nette Show abwirft. Wir wollen so viel wie möglich selbst machen, weil wir dann einfach wissen, das es dann so ist, wie es uns gefällt und wie es der Band als solcher gut tut. Natürlich müssen wir manche Sachen abgeben, aber dann in die Hände von Freunden. Selbst unsere Platte haben wir beim Andy Heinen, der schon vorher ein Freund war und jetzt quasi 5tes Bandmitglied ist, aufgenommen. Die Ideale stimmen und das ist uns wichtig. Eingeständnisse würden wir eigentlich nur im Leben rund um Jupiter Jones machen, was Dinge wie Arbeit angeht. Wir haben Gott sei Dank alle unsere Leute, Freunde, Freundinnen die verstehen dass wir momentan unser halbes Leben im Proberaum, im Bus oder vor dem Computer verbringen, sonst ging es nicht. Auch wenn Jupiter Jones noch ganz klein ist, er braucht ne Menge Zeit und Zuwendung.

Wenn man euer Platten-Aufmachungen sieht, merkt man, das Euch das Artwork auch sehr wichtig ist. Schon euere Demo-CD von 2002 hat ein aufwendigeres Cover, weit entfernt von dem oftmals schnöden Mist, den viele Bands mit billigen PC-Programmen für ihr erstes Demo fabrizieren. Ist da jemand aus der Band für zuständig, oder lasst ihr das "fremd" Machen ? Wie ist eure Verbindung zur Kunst ? Spezielle Interessen, ein Kunst-Student unter euch ? ;)

General: Nein, kein Kunst Student, nur ein Autodidakten-Honk und das bin ich. Ich habe irgendwann mal angefangen mich mit Photoshop zu beschäftigen und nächtelang gedreht und gebastelt. Das ist auch so ziemlich das einzige was ich am Computer beherrsche, außer unnütze Dinge im Internet bestellen vielleicht noch. Die Peripherie hat mich noch nie so beschäftigt, ich spiele seit wasweißichwann Gitarre und sitze vor einem Notenblatt wie vor einer Sanskrit-Schriftrolle. Einige Merch-Designs hat wiederum ein Kumpel der Band mit Namen Jens Nink  übernommen. Die Zeichnungen kommen von Lars Henkel und Kathi Söhngen, einer sich künstlerisch ständig selbst fatal unterbewertenden Freundin. Wie gesagt, ohne die Leute um uns rum wären wir ziemlich aufgeschmissen.

Begreift ihr Euch als politische Band, nur als politische Menschen, die Ihre Meinungen haben/ausleben, aber eben nicht in der Musik, oder als gar nichts von beiden ? Könnt ihr das so trennen z.B., wenn ein Konzert in einem Laden ansteht, wo schon mal Bands aus dem Rechten Umfeld gespielt haben oder Sich solche Personen aufhalten, dann ein, "Augen zu und durch", von wegen "Ist Ja nur ein Konzert, unsere private Meinung ist anders", oder gibt es Sachen Die ihr nicht machen, sofort abbrechen würdet ? Bzw. gab es schon mal solche Situationen ?

Bert: Wir sind absolut keine politische Band. Ich bin an Politik interessiert und verfolge viele politische Sendungen im TV und lese auch viel in Printmedien über Politik.  Ich habe eine bestimmt politische Ausrichtung, die ich aber MEINE politische Meinung ist und die ich nicht versuche anderen Menschen über Musik, Diskussionen oder sonst irgendwie aufzudrücken! Ein Konzert abbrechen wo sich rechte Personen aufhalten, würde ich auf jeden Fall nicht. Das würde ja auch gleichzeitig bedeuten das wir allen anderen Leuten mit anderer Gesinnung die das Konzert besuchen vor den Kopf stoßen, indem wir einfach das Konzert abbrechen. Solche Situationen mit Rechten sind bei unseren Auftritten noch nie vorgekommen. Es ist aber schon mal bei einem sehr linken Festival vorgekommen, das wir nach Rubberslime vor dem Auftritt auf der Bühne von Punks beschimpft wurden wir sollten uns verpissen, da wir keine „richtige“ Punkband sind … Ich habe in meinem Leben schon einige Handfeste Auseinandersetzungen mit rechtem Pack gehabt und habe und werde mich in Zukunft auch weiterhin vor niemandem verstecken. Egal welcher Gesinnung. Ein Satz in unserem Song „Auf das Leben“ heißt übrigens „Augen auf und durch mein Freund“!

General: Ich sehe mich in sofern als politischen Menschen, dass ich eine feste Einstellung und Meinung zu dem Thema habe, die von gesundem Verstand und Menschlichkeit geprägt ist. Ich bin kein Aktivist und kein Extremist, dazu fehlt mir ganz ehrlich die politische Bildung. Ich würde niemals einen rechten Laden betreten, geschweige denn dort auf eine Bühne klettern. Wir sind glücklicherweise noch nie eine solche Situation geraten, aber ich weiß dass wir alle nicht so fest die Augen zudrücken könnten, dass wir für solches Pack Musik machen könnten. Warum auch? Wir könnten sie eh nicht erreichen und der politische Gehalt unserer Texte ist vielleicht wirklich zu niedrig um zu provozieren. Es wäre vertane Zeit.

Wie in jeder Szene, gibt es ja auch im Punk/Emo/Screamo-Whatever genug Idioten. Begreift ihr euch als Teil dieser, gesamten Szene, oder seit ihr einfach nur eine Band, die bestimmte Art von Musik spielt, mit bestimmten Leuten arbeitet/rumhängt, ohne jegliche Kategorisierung ? Wie weit könnt Ihr euch und mit was identifizieren ? Und wo sagt ihr nein, was lehnt ihr ab, aus der eben Szene ... wie ich dieses Wort liebe ... der ihr "angehört" oder gewissermaßen einfach nur hereingesteckt wird ?

Bert: Wir sind mit Sicherheit kein Teil irgendeiner Szene. Wie Du schon richtig geschrieben hast, wir sind eine Band die einfach eine bestimmte Art Musik macht. Wenn ich einen Song mache, sitze ich zu Hause mit meiner Gitarre und mache Rockmusik PUNKT. Das ganze Szene-Gequatsche und alles was damit zu tun hat, überlasse ich gerne anderen schlauen Leuten!

General: Szene ist ok, solange sie nicht zu ernst genommen und zum Lebensinhalt gemacht wird. Viele Dinge wären ohne eine "Szene" gar nicht möglich, aber dann geht es nicht um einen elitären Haufen von Spinnern die den halben Tag damit beschäftigt sind ihren Scheitel zu sortieren, sondern um eine selbstverwaltete Gemeinschaft von Freunden. Die, die am lautesten brüllen, sind oft genug die, die am meisten falsch verstanden haben. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sich auf seinen Musikgeschmack, seinen Klamottenstil, seine Meinung etwas einbilden kann.  Klar soll man dazu stehen was man ist, was man repräsentiert aber man muss es doch nicht ständig jedem unter die Nase reiben. Die wirklich wichtigen Dinge gehen dabei so oft verloren.

Ihr werdet ja demnächst mit mir auf zwei Konzerten spielen, die als "Lesung  + Punk - Konzert" angekündigt sind. Wir machen das immer so: Erst Lesung von mir nur unterbrochen durch die Singer/Songwriter-Einlagen von Lubo, anschließend zwei, drei Bands aus den Bereichen Screamo/Emo und so  was wie intelligenten Punk, HC. Gerne auch mit VoKü, Plakatausstellung, Platten-Aufleger oder so was. Jedenfalls alles in allem ein, denke ich, neues, interessantes Gesamtpaket. Was habt ihr da wie Erwartungen ? Na ja, vielleicht hat Kasel euch nicht gesagt, was es wie eine Art Show ist,  aber dann wisst ihr es ja jetzt ;) Erwartungen an die Lesung, das Zusammenspiel oder die Zuschauer ?

General.: Da für uns auf jeden Fall das was hinter und neben der Musik steht, nämlich der Inhalt des ganzen, sehr wichtig ist finde ich das Konzept ganz groß. Musik und Literatur stehen oft ganz nah beieinander, es gibt fabelhafte Bukowski Lesungen mit Tom Waits - Musik und viele tolle Musiker / Musikliebhaber sind auch großartige Schriftsteller, leben die Musik in ihren Büchern weiter. Schamoni, Hornby, toll! Wir selber haben unser Album nach einer Zeile aus einem Hesse - Gedicht benannt, das auch im Booklet abgedruckt ist. Euer Konzept verspricht einfach, dass die Menschen die dort hin kommen etwas mitnehmen wollen und nicht da sind um sich schlicht berieseln zu lassen. Es ist speziell aber nicht artsy-fartsy hochnäsig. Wir sind gespannt!

Ich selber lese merkwürdigerweise so gut wie nie, obwohl ich so viel schreibe. Das letzte war Harry Potter haha. Siehst da bei Euch anders aus, oder liest Ihr mehr ? Was denn zum Beispiel jetzt gerade ?

Bert: Ich lese ziemlich viel. Allerdings bin ich nicht wie unser Johnny ein Überall-Lesen-Könner. Der schnappt sich bei uns im Bus oft ein Buch und fängt an zu lesen, obwohl um Ihn rum ziemlich viel Gequatsche ist und Scheiß gemacht wird. Ich brauch mein Bett und viel Ruhe zum lesen. Im Moment lese ich ein Buch über Kannibalismus.  Fälle und Personen der letzten 100 Jahre. Was so bei denen abging, wie welche Körperteile konserviert/zubereitet wurden etc ... Ansonsten mal ne Liste meiner Lieblingsautoren: Jules Verne, Dumas, Jack London, Stephen King,  E.A. Poe, H.P. Lovecraft (Yeah! - Stefan), Clive Barker.

General: Ich lese sehr gerne, leider trotzdem viel zu selten weil's zeitmäßig nicht hinhaut oder mir einfach der Nerv fehlt. Dann mach ich noch den zusätzlichen Fehler immer mehrere Bücher gleichzeitig zu lesen, aus welchem Grund auch immer. Ich habe gerade Siddhartha gelesen und es war vielleicht das beste Buch, dass ich überhaupt bis jetzt gelesen habe. Ich bin begeistert! Meine Alltime-Favoriten sind auf jeden Fall der olle Bukowski, Tom Robbins, Hesse und John Steinbeck.

Erzählt doch noch einmal zusammenfassend, wie das mit Eurem, im Oktober ausgestiegenem, Bassisten so war ?

Bert: Das ist natürlich sehr schwer zusammenfassend in einem Interview zu erzählen, da sich der ganze Prozess mittlerweile fast über ein Jahr hingezogen hat.

Im Endeffekt kann man sagen, das Michael den Weg den wir als Band im Moment gehen und den Zeitaufwand den wir jetzt und in Zukunft investieren wollen nicht mehr mitgehen wollte.  In Michaels privatem Umfeld gab es einige Faktoren die sicherlich auch dazu beigetragen haben! Das ist natürlich sehr schade, da wir alle schon sehr lange mit Ihm zusammen Musik machen.

General: Ja, zusammenfassend. Schade war's und traurig aber nicht wirklich überraschend. Wir hatten die berühmten unterschiedlichen Vorstellungen und jeder ist in seine Richtung gegangen, meistens in die selbe, aber oft genug auch entgegengesetzt. Es hat sich schon etwas länger abgezeichnet und allen Bauchschmerzen bereitet und die sind jetzt so gut wie weg und das ist gut so. Für ihn und für uns. Das dass ganze dann dummerweise im Streit passieren musste war unnötig und hinterlässt kein gutes Gefühl bei jedem von uns. Wir haben jetzt einen neuen Mann am Bass, Klaus heißt r und lässt gutes hoffen. Es wird weitergehen!

Wie kam denn der Kontakt zu Go Kart rec. zustande ? Klassisch über Demo-Einsendungen an zig Label und die meldeten sich eben, über Kontakte, Konzerte ... ?

Bert: Ganz klassisch über Promo-Zusendung. Wir hatten eigentlich geplant die Platte bei unserem Label „Mathildas“ zu veröffentlichen. Wir haben daher auch Promo-CDs pressen und Infohefte drucken lassen.  Ich habe beim herausschreiben von Fanzine- und Printmedienadressen im Internet auch ne Liste mit so 10-15 Labels gemacht, an die ich unser Promopaket geschickt habe. Go Kart haben sich daraufhin sehr schnell gemeldet. Wir haben telefoniert und uns getroffen. War alles sehr sympathisch und wir haben beschlossen die Platte da herauszubringen !

Zum Schluss noch ein bisschen Brainstorming zu Refused, bitte:

General: Zur Band? Ich hoff’s doch, nicht das ich mich hier jetzt blamiere und wieder irgendwas nicht mitbekommen habe. Also zur Band: The Shape of Punk to come in der Top5 der wichtigsten Alben für mich, T.I.N.C. : Neeee / The lost Patrol : jawoll!, Revolutionär, Wegweisend, Wichtig, Rather be forgotten than remembered for giving in!

Ich denke das war's erst mal ... alles liebe, Kevin
Immer wieder gerne, tiptop Interview! - der General und Bert

Text: Kevin Goonewardena // www.emopop.net

If you wanna read more about Jupiter Jones, please check out the tour diary Kevin did here.